Am 21. Mai 2024 berichtete die “Rundschau” über einen Vorfall aus dem Jahr 2021, als eine Frau von mehreren Männern verprügelt wurde, um sie von der Anzeige einer mutmasslichen Vergewaltigung eine Woche zuvor abzubringen und die Polizei mit dilettantischer Ermittlungsarbeit ermöglichte, dass bis heute keiner der Männer, deren Tat von einer Überwachungskamera festgehalten wurde, zur Rechenschaft gezogen wurde. Laut Angabe der “Rundschau” wollte sich die Staatsanwaltschaft nicht näher äussern, diese verwies mittels eines eigens mandatierten Anwalts (Hätte man doch Staatsanwälte, die sich aufs Recht verstehen, müsste man keinen Anwalt engagieren) auf das Amtsgeheimnis.
Einen Tag später hat man diese offensichtlich rein mentale Hürde überwunden und der Erste Staatsanwalt Peter Sticher und der Leitende Staatsanwalt der Allgemeinen Abteilung Andreas Zuber gaben den Schaffhauser Nachrichten ein Interview (Bezahlartikel). Es könnte natürlich auch daran liegen, dass der Erste Staatsanwalt Peter Sticher und der Chefredakteur der Schaffhauser Nachrichten Robin Blanck ihre Freizeit zusammen im Lions Club Schaffhausen (nur Männer zugelassen, genau wie in den anderen Zünften und Clubs, in denen Sticher Mitglied ist) totschlagen und die Nachfragen dementsprechend genauso kritisch ausfallen wie das tiefgründige Gespräch über den Sinn des Lebens beim Feierabendbierchen, das man sonst miteinander hebt.
Die Kompetenz der Schaffhauser Staatsanwälte führt aber dazu, dass man sich selbst bzw. der menschlichen Logik selbst in diesem unkritischen Interview widerspricht.
Dass der Bildschirm vom Handy abgefilmt wurde anstatt das Speichermedium mitzunehmen, weil “der Bildschirm vom Computer kaputt war”, wurde von diversen Seiten kritisiert, zumal es ohne Ton und in schlechter Qualität geschah.
Fangen wir beim offensichtlichsten Problem an: Was hat eine potenzielle Siegelung (also dass ein Gericht entscheiden muss, ob das Speichermedium untersucht werden darf) mit dem kaputten Bildschirm zu tun? Auch wenn der Bildschirm des PCs intakt gewesen wäre, hätte der Anwalt eine Siegelung verlangen können. Dann hätte eben der Bildschirm des PCs abgefilmt werden müssen. Stellt sich die Frage: Warum hat die Staatsanwaltschaft in vollem Bewusstsein, dass es sich beim Wohnungsinhaber um einen Anwalt handelte und dass dieser eine Siegelung hätte verlangen können, trotzdem im Durchsuchungsbefehl explizit festgehalten, dass alle Speichermedien zu beschlagnahmen und mitzunehmen seien? Die einzige Erklärung ist, dass man sich hier nachträglich eine Rechtfertigung zusammenschustert und die Polizisten (mindestens einer davon war auch an der am gleichen Tag stattfindenden Hausdurchsuchung von Hanspeter beteiligt) einfach so inkompetent waren, dass sie tatsächlich dachten, die Daten wären ohne Bildschirm nicht abrufbar.
Dass man die Beweisführung am zweiten Tag schon abschliessen konnte (folgten nicht noch zwei weitere Hausdurchsuchungen?), ist denn auch nur schwerlich eine Rechtfertigung, wenn das Verfahren nun seit 2.5 Jahren hängig ist. Worauf wartet die Staatsanwaltschaft denn dann noch, wenn die Beweisführung noch 2021 “praktisch abgeschlossen” war? Und schliesslich und endlich: Was hielt die Polizei davon ab, den Bildschirm abzufilmen UND das Speichermedium mitzunehmen, wenn es darum ging, die Bilder schnell zu sichten? Wenn die Polizei davon ausgegangen sein sollte, dass der Anwalt die Aufnahmen einfach so herausgibt, solange sie ohne Ton und von seinem Handy abgefilmt werden, aber nicht, wenn sie vollständig von seinem PC geholt werden, dann sollten die detektivischen Spürnasen, die die Schaffhauser Polizisten doch haben, wenn sie Verkehrssünder und Maskenverweigerer aufspüren, vielleicht riechen, dass etwas faul sein könnte, gegebenenfalls auch noch mehr als die Songauswahl des Anwalts, die den einen Polizisten nur mittelmässig in Partystimmung zu bringen vermochte.
Also eine Frau wird zu einem Anwalt nach Hause eingeladen und wird anschliessend verprügelt auf der Strasse gefunden, weder Polizei noch Staatsanwaltschaft kommen jedoch auf die Idee, dass besagter Anwalt IRGENDETWAS damit zu tun haben könnte oder gegebenenfalls irgendwann zum Tatverdächtigen werden könnte? Spannend. Stichwort detektivische Spürnase.
Also eine Frau, die von mehreren Männern misshandelt wurde, unerklärbare Gedächtnislücken hat und über Schmerzen zwischen den Beinen klagt, ist kein Hinweis auf eine mögliche Vergewaltigung? Und inwiefern wird von Erkenntnissen ausgegangen, die sich erst später ergaben? Über die Schmerzen hatte sie doch bereits im Krankenhaus wenige Stunden nach der Tat und bei der körperlichen Untersuchung geklagt.
Ein weiteres Mal die Frage: Warum ordnete die Staatsanwaltschaft dann im Durchsuchungsbefehl die Mitnahme des Speichermediums an und nicht das Organisieren der Aufnahme? Gibt es in der Staatsanwaltschaft Schaffhausen nur eine Vorlage für Durchsuchungsbefehle?
Und was bringt genau ein Durchsuchungsbefehl für die Wohnung, um jemanden dazu zu bringen, selbst Aufnahmen auf einen USB-Stick zu kopieren und diesen auszuhändigen? Wenn er sich geweigert hätte, wäre was konkret der nächste Schritt gewesen? Und wäre die sinnvolle Zwangsmassnahme hier nicht eine Editionsverfügung gewesen, wenn der Anwalt das Beweismittel sowieso selbst sicherte? Wozu braucht es die Polizei hierbei vor Ort? Zumal man nun doch wusste, dass der Anwalt potenzieller Beschuldigter ist? Und warum ging genau das einen Tag vorher nicht? Wusste man da noch nichts von der Existenz von USB-Sticks?
Übrigens haben die Polizisten Hanspeter nicht angeboten, doch das Handy zu behalten und selbst alle evtl. belastenden Beweismittel auf einen USB-Stick zu kopieren. Gilt “das mildeste Mittel” nicht für alle in Schaffhausen?
Und welche Vorwürfe sind konkret aufgetaucht, die eine Beschlagnahmung des Handys haben sinnvoll erscheinen lassen, die nicht schon auf den Aufnahmen der ersten Hausdurchsuchung zu sehen waren?
Zusammenfassung: Wir haben 2 Tage später alle Beweise gehabt, die hat praktischerweise gleich einer der potenziellen Beschuldigten für uns gesichert. Ein Jahr später sind wir trotzdem noch welche holen gegangen, da war wieder der total kooperative Anwalt zur Stelle, um uns ein leeres Handy zu geben, das war wieder total praktisch, dann mussten wir nicht suchen. Und überhaupt sind wir hier das Opfer, müssen jetzt kritische E-Mails beantworten bzw. sie lesen und das, obwohl wir – Zitat Zuber – “die Staatsanwaltschaft keine Fehler gemacht hat.” Und die Polizei natürlich auch nicht.
[…] mit Verleumdungen“ belohnt wurde.) Durch das Öffentlichmachen der drakonischen Strafen in befreundeten Medien kann effektiv ein Exempel statuiert […]
[…] es gab sogar einen ausführlichen Bericht, warum die Untersuchung so lange dauerte sowie ein absurd unkritisches Interview mit der Leitung der Staatsanwaltschaft. Sogar die NZZ schalt die SHAZ und kritisierte deren […]
[…] hinter Palastmauern vor dem wütenden Volk verschanzten, ziehen Sticher und Zuber es eben vor, sich hinter Paywalls zu […]
[…] Andreas Zuber mit Peter Sticher zusammen in einem Bezahlartikel auf Schaffhauser Nachrichten (wir haben darüber berichtet) bekannt […]
[…] Schaffhausen, die nun bereits 2.5 Jahre für ein Strafverfahren brauchten, dessen Beweisführung laut Leitendem Staatsanwalt Zuber nach 2 Tagen “praktisch abgeschlossen” war. Kann doch mal passieren, dass einem […]
Die zwei leitenden Staatsanwälten verstecken sich hinter einer Paywall in einer ihnen wohlgesonnenen Zeitung… Argumentieren gegen Konrad Jeker (strafprozess.ch) ohne ihm Gelegenheit zur Antwort zu geben, aber hatten vorher nicht den Mut zu zweit gegen ihn beim SRF aufzutreten, obwohl das SRF sie mehrmals einlud…