Ursprung “Mensch vs. Person”-Unsinn

Den Behörden, sowohl in Schaffhausen als auch in der restlichen Schweiz und darüber hinaus dürfte ein Phänomen bekannt sein, welches sich nach Corona weiter verschärft hat: In den USA nennen sie sich Sovereign Citizens (zu Deutsch “Souveräne Bürger”), in Deutschland gibt es die Reichsbürger und hier in der Schweiz gibt es die sogenannten Staatsverweigerer, sie selbst bezeichnen sich als lebende Menschen und verweigern nicht notwendigerweise bewusst den Staat, legen allerdings Wert auf die Unterscheidung zur “Person”, zu der der Staat sie degradieren will, dies äussert sich auch in der Ablehnung der Anrede “Herr”, mit der ihrer Auffassung nach eine Herrschaft über einen anerkannt wird.

Auch wenn diese Gruppen von Aussen unterschiedlich wirken, haben sie doch sehr viel gemeinsam. Im innersten Kern verbindet sie eine Sache: “Der Staat kann mir nichts sagen”. Dieser Gedankengang kommt entweder aus der tatsächlichen Haltung heraus, dass der “Staatsvertrag” als solcher nicht akzeptiert wird oder aber daher, dass der Staat durch Gesetzesänderungen (z.B. Abschaffung des Beamtenstatus) an Autorität eingebüsst habe und es sich nur mehr um eine Firma handle.

Sonnenstaatland

Im deutschsprachigen Raum wurden diese Ideen von einer losen Verbindung von Anwälten auf der Internetplattform “Sonnenstaatland” ins Leben gerufen. Warum? Zur reinen Selbstbelustigung: Trolls.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Sonnenstaatland bzw. die Betreiberin dahinter hat nicht selbst diese Ideen verbreitet oder an den Troll-Aktivitäten partizipiert, sondern “lediglich” eine Plattform dafür angeboten.

Hauptsächlich finden sich ihre Belustigungen auf ihrem Forum (forum.sonnenstaatland.com) sowie auf ihrem YouTube-Kanal (youtube.com/@SonnenstaatlandSSL).

Der König von Büsingen und Schaffhausen (König Marduk)

Auch wir in Schaffhausen hatten einen ähnlichen Fall von einem Troll: König Marduk, der sich zum König von Büsingen und Schaffhausen erklärte.

Büsingen Informationsblatt zur Müllabfuhr

Textanalysen ergaben, dass es sich bei König Marduk anfänglich um eine/n Juristin/en aus Schaffhausen handelte, später jedoch von einer anderen Person (eventuell Nachahmer) geschrieben wurden.

Exkurs:
Textanalysen ermöglichen, den Urheber der Texte festzustellen, auch wenn das Ergebnis nicht abschliessend verifiziert werden kann, da die entsprechende Person es bestreitet.
Textanalysen sind allgemein sehr spannend, z.B. erlauben diese auch, viel Interessantes über die Masterarbeit von Staatsanwalt Johannes Brunner zu erfahren (siehe Artikel dazu), wenn man diese mit seinen Texten von seinen “Sitzt!”-Beiträgen bei der Bodania vergleicht.

Staatsanwalt Johannes Brunner bei der Bodania und Dynamia

Mit Textanalysen hat John McAfee (der inzwischen tote Gründer des Antivirus McAfee) ebenfalls herausgefunden, wer Satoshi Nakamoto – die Schlüsselfigur in der Bitcoin-Entwicklung – ist, kurzgefasst: If Adam Back doesn’t want to be known I’m not gonna name him.

Der grossgeschriebene Nachname

Die Trollopfer (Staatsverweigerer, Reichsbürger sowie Souveränen Bürger) sind der Meinung, dass ein grossgeschriebener Nachname (z.B. Johannes BRUNNER) die Bedeutung hat, dass diese Person einen Besitz (Kapital) darstellt und somit eine Sache ist.

Der Ursprung dieser Idee entstammt aus dem Englischen bzw. von den Souveränen Bürgern und wurde ins Deutsche übernommen. Sinn ergibt die Erklärung denn auch lediglich im Englischen: Der englische Terminus für “Grossgeschrieben/Grossschreibung” ist “Capital Letters”. “Capital” deutet gemäss Interpretation der Souveränen Bürger darauf hin, dass jemand “Capital” (Kapital) und somit eine Sache ist. Es wurde 1:1 ins Deutsche übernommen. Eigentlich entstammt der Begriff aus dem Latein “Capit” und bedeutet so viel wie “Kopf”, was den Anfang eines Textes darstellt. Es ist der gleiche etymologische Ursprung den auch der deutsche Terminus “Kapitel” vorweist.

Der Ursprung des grossgeschriebenen Nachnamens entstammt sehr wahrscheinlich aus der Verwaltung des preussischen Militärs. Zumindest waren sie die ersten, die den Nachnamen gross schrieben. Es gab ein Obligatorium für Männer (Zwangsverpflichtung) dem preussischen Militär beizutreten, dementsprechend hoch war die Dichte ehemaliger Militätangehöriger in der späteren Verwaltung und so ziemlich jeder Mann, der später in der zivilen Regierung arbeitete, hatte diese Schreibweise übernommen: Von da an hat sich diese Schreibweise ausgebreitet.

Auch Grossfirmen schreiben den Nachnamen ihrer Mitarbeiter gross. Der Grund dafür ist der gleiche wie beim preussischen Militär und ganz simpel: Es lässt sich so leichter erkennen, welcher Teil vom Namen den Nachnamen darstellt und wie man ihn/sie anspricht. Vor allem wenn jemand einen Doppelvornamen/Doppelnachnamen aufweist, einen ausländischen Namen hat oder aber einen Nachnamen trägt, der auch als Vorname verbreitet ist.

Der Doppelpunkt im Namen

Selbst nach längerer Recherche konnte nicht abschliessend geklärt werden, was der Doppelpunkt im Namen bedeutet, jedoch sind folgende gefundene Theorien einleuchtend:

  • Nach einem Doppelpunkt steht immer ein Fakt z.B. “Hauptstadt Deutschland: Berlin”; quasi Zitierregeln.
  • Verkleckerte Schreibmaschinen von anno dazumals
  • Es ist nicht möglich, dies als Datensatz zu speichern

Der letzte Punkt “Es ist nicht möglich dies als Datensatz zu speichern” stimmt so nicht ganz. Viele Staatsverweigerer geben selbst zu, die Überlastung der Behörden zu wollen. Je nachdem, wie stark die Datenbank einer Behörde normalisiert ist, kann es sein, dass der Vor- sowie Nachname einen Datensatz darstellt, somit programmatisch nicht unterschieden werden kann, was der Vor- oder Nachname ist. Es könnte auch sein, dass es programmatisch eine Validierung der Vor- und/oder Nachnamen gibt, somit wäre es “technisch” nicht möglich einen Doppelpunkt im Namen zu haben. Natürlich ist es technisch möglich, jegliche Zeichen in einer Datenbank zu speichern, aber wenn das Programm es nicht zulässt, stellt es für die Behörden einen erheblichen Mehraufwand dar.

Kleine Backgroundstory: Früher hatten die Staatsverweigerer behauptet, dass der vollständige Name aus “Nachname, Vorname” (achte auf das Komma) z.B. “Brunner, Johannes” zu stehen hat. Ich vermute, nachdem einige Behörden ihre Templates dahingehend angepasst hatten und den Namen wie gewünscht schrieben, haben sich die Staatsverweigerer ebenfalls angepasst und neu die Doppelpunkt-Schreibweise verlangt.

Die [eckigen Klammern]

Hier ist der Ursprung sehr wahrscheinlich in den Zitierregeln zu finden, da eckige Klammern die Ergänzung oder Auslassung eines Zitats darstellen.

z.B. bei Auslassung: “Das ist ein […] Zitat.”
z.B. bei Ergänzung: “Die Hauptstadt der Schweiz [Bern] hat eine hohe Bevölkerungsdichte.”

Somit werden eckige Klammern bei Zitaten verwendet um zu kennzeichnen, dass der Inhalt darin nicht vom Autor selbst stammt.

Vom Recht frei

Das Ziel der Troll-Opfer ist meist vom Recht, vor allem den Pflichten frei zu sein. Die Bemühungen, dies mit eben jenen Rechten und Pflichten des Staates, von dessen Rechten und Pflichten man frei sein will, zu begründen, ist amüsant.

Die einzige Methode, wirklich frei vom Staat zu sein, ist einen selbst zu gründen. Denn das einzige wahre Rechte, das im gesamten Universum gilt, ist das Faustrecht. Wenn du die Ressourcen/Macht hast, die bestehende Ordnung nicht über dich ergehen zu lassen, dann kann du selbstverständlich bestehendes Land in der Schweiz okkupieren, musst jedoch einfach damit rechnen, dass die Armee vorbeikommt, sobald du erfolgreich die Polizei verscheucht hast. Natürlich wäre das Terrorismus (=mit Gewalt die bestehenden Gesetze/Politik zu ändern) und dann hat man was genau erreicht? Irgendwann kommt ein anderer und setzt seine Ordnung über dich ein…

Wenn man einen Schritt weiter geht, dann könnte man sogar behaupten, dass die meisten Probleme auf dieser Erde daher abstammen, dass wir immer noch eine “Type 0”-Zivilisation auf der Kardaschow-Skala sind und somit ist es ganz normal, dass wir uns gegenseitig um Ressourcen prügeln.

Rechtsirrtum

Die Staatsverweigerer können sich jederzeit auf einen Rechtsirrtum berufen: “Oh, ich dachte ich DARF den Brief nicht annehmen, denn mein amtlicher Name steht darauf nicht: Siehe Identitätsdiebstahl, Öffnen fremder Briefe etc. ist alles strafbar und ich wollte mich nicht straffällig verhalten”. Jemandem Vorsatz zu beweisen z.B., dass er die Steuererklärung nicht ausfüllt, um eben keine Steuern zu zahlen, ist somit nicht möglich, aber dennoch kann man sie fürs zu spät zahlen büssen, ein Vorsatz ist hierbei nicht notwendig.

Fazit

Auffällig ist, dass Staatsverweigerer sich selten von allein bilden: Jemand, dessen Leben geradlinig verläuft und der kaum Kontakte mit Behörden hat, bis auf die jährliche Steuererklärung und gelegentliche Ausweisverlängerung und auch dort dazu tendiert, eine Falschberechnung eher zähneknirschend hinzunehmen anstatt den erheblichen Mehraufwand in Kauf zu nehmen, um einen kleinen Betrag zu erstreiten, wird kaum in diese Richtung abdriften. Vorausgegangen ist bei den meisten “Staatsverweigerern” eine Unrechtbehandlung durch die Behörden, die mit einem derartigen Vertrauensverlust einherging, dass man selbst deren Namen und Rechtsform hinterfragt und ihnen in jeder Hinsicht Misstrauen entgegenbringt: Selbst die wenigen Fälle, in denen diese Unrechtswahrnehmung vollständig subjektiv war, haben die Behörden es versäumt, ihre Handlungen hinreichend und für Laien verständlich zu begründen. In den Fällen, in denen die Handlungen der Behörden tatsächlich willkürlich, gesetzeswidrig oder korrupt waren, ist ein weitergehendes Misstrauen der einzige rationale Schluss. Die Staatsverweigerer machen es den Behörden jedoch viel zu einfach. Anstatt, dass sie eine Partei gründen, Initiativen einreichen, schreiben diese Pseudo-Rechtsliteratur, verkaufen Kurse und ihre Texte dazu, die in Bedeutungslosigkeit versinken, da sie keinerlei Autorität geniessen.

Dabei ist die Zahl der sog. Staatsverweigerer bzw. Leute mit Tendenzen dazu durchaus beachtlich. Im Aargau beispielsweise haben über 16000 Leute, die meisten davon zum wiederholten Male, ihre Steuererklärung nicht eingereicht. Wenn die Steuererklärung nicht fristgerecht eingereicht wird, folgt eine Mahnung mit Gebühren von 35 Franken. Wird auch daraufhin die Steuererklärung nicht eingereicht, werden zusätzlich 50 Franken berechnet. Mit diesen Mahngebühren nimmt der Kanton bereits einen siebenstelligen Betrag jährlich ein. Natürlich sind dort auch die eingerechnet, die grundsätzlich eine Bereitschaft zur fristgerechten Zahlung haben, finanziell aber nicht dazu in der Lage sind.

Nehmen wir an, dass in einem Strafverfahren ein Staatsanwalt gegen einen Staatsverweigerer vorgeht: Anstatt sich auf die Rechtsmittel zu berufen und echte Eingaben zu machen, schreiben die Staatsverweigerer einfach, dass sie die Vorladung und/oder Strafbefehl nicht annehmen dürften. Ein solches Vorgehen erleichtert die Staatsanwaltschaft, statt ihre oft harschen und willkürlichen “Offerten”, welche ein Strafbefehl darstellt, begründen zu müssen, amüsieren sie sich, durch die Zustellfiktion gilt der Strafbefehl nach 7 Tagen (respektive am letzten Tag der postalischen Abholfrist) als zugestellt und erwächst in Rechtskraft, bevor der Verurteilte ihn überhaupt lesen konnte. Von der vermeintlichen moralischen Überlegenheit kann man anschliessend – im schlimmsten Fall – im Gefängnis träumen, denn es ist der Staat, der derzeit über das Faustrecht verfügt.

Die richtige Vorgehensweise wäre, den Strafbefehl entgegenzunehmen, eine Akteneinsicht zu beantragen und jedes einzelne genannte Gesetz nachzuschlagen und sich mit diesem in der zur Verfügung stehenden Rechtsliteratur, z.B. Basler Kommentare, Zürcher Kommentare usw., eingehend auseinanderzusetzen. Die Akten sollten – aufgrund der schluderigen Aktenführung der hiesigen Behörden – stets auf ihre Vollständigkeit überprüft werden, sämtliche Handlungen sollten dort dokumentiert werden. Die Kommunikation mit den Behörden erfolgt im Idealfall schriftlich, die Eingaben kann man persönlich gegen Stempel, den man fotografieren kann, bei den Behörden abgeben (da bei der Staatsanwaltschaft ja gerne eingeschriebene Briefe leer ankommen), mündliche Eingaben werden von den Behörden in Aktennotizen dokumentiert, es empfiehlt sich also, eigene Aktennotizen zu den Gesprächen zu verfassen und gegen Empfangsbestätigung zu den Akten zu geben, so dass nicht die persönliche Wahrnehmung der Behörden, die naturgemäss subjektiv ist, zur materiellen Wahrheit wird. Beleidigungen und ähnliches sind fehl am Platz, sie führen nämlich dazu, dass Behörden, insbesondere die Strafjustiz, nicht auf die Eingaben eingehen müssen und somit auch sämtliche begründete Einwände ausser Betracht fallen. Sollte sich der Ausstellende der eigenen Meinung nach strafbar verhalten haben, ist in erster Linie ein Rechtsmittel angezeigt, eine Strafanzeige stellt keinen Ersatz für das Rechtsmittel dar und führt – insbesondere, weil diese mit Nichtanhandnahme beantwortet wird, nicht dazu, dass die entsprechende Verfügung ihre Wirkung verliert. Das Obergericht ist nicht die finale Instanz, sondern das Bundesgericht, in gravierenden Fällen kann etwas auch beim Europäischen Gerichtshof beschwert werden. Sämtliche Verfehlungen der Behörden werden – am besten mittels Liste und begründet – dokumentiert. Einige Beschwerden – z.B. Rechtsverzögerung – erfordern eine vorhergehende Rüge, man muss sich mit Rügen also keineswegs zurückhalten, wenn gegen das Gesetz verstossen wird. Es ist sinnvoll, wenn man selbst die Akten durch Eingaben zu Vorfällen etc. mitgestaltet, da ansonsten für die Rechtsmittelinstanzen/Gerichte nur die Aussagen der beispielsweise Staatsanwaltschaft ins Gewicht fallen, da sie nur diese sehen und der Sachverhalt allgemein und selbst in Aktennotizen der entsprechenden Behörde über mündliche Gespräche einseitig oder gar falsch dargestellt werden wird. Bei der Auswahl des Anwalts – wenn nötig – ist eine vorherige Recherche zu empfehlen. Einige Anwälte fallen dadurch auf, dass sie öfter Fristen verpassen oder sonst eng mit Behörden zusammenarbeiten, teilweise auch einfach durch ihre Passivität und fehlendes Engagement. Hier ist eine gewisse Skepsis angebracht, da man dem Anwalt eine Vollmacht verleiht und sich entsprechend seine Fehler im Regelfall anrechnen lassen muss. Zu bedenken ist allerdings auch, dass der Anwalt zahlreiche Fälle betreut, man kann seine Einarbeitung in den Fall unterstützen, indem man eine der wichtigsten Regeln beachtet, nämlich eine makellose Aktenführung. Führt man diese zusätzlich digital, kann man auch entsprechende Suchfunktionen nutzen. Auslassungen in den behördlichen Akten können so umso leichter erkannt werden. Sämtliche Briefe werden sofort abgeheftet, alles andere wird zwangsläufig zur Überforderung und fehlender Übersicht führen.

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