Vom Leseverständnis der Polizei

Lesen ist in Schaffhausen eine gefährliche Tätigkeit. Das hat Hans-Peter Nichtschweizer seinerzeit schon feststellen dürfen, als Johannes Brunner einen Durchsuchungsbefehl für sein Telefon ausgestellt hatte, weil er “Wort für Wort vorlas”. Nach längerer Abstinenz hat er sich nun jedoch abermals an diese teuflische Kunst gewagt und das interne Polizeireglement gelesen; jenes, von dem drei Polizisten wie aus einem Munde beschworen, es gäbe darin einen Absatz, der sie dazu zwinge, jeden, der in die Gummizelle geworfen werden soll, vorher nackt auszuziehen, was laut ihnen nicht nur sie selbst, sondern der gesamte Polizeiposten so praktiziere. Während bezüglich fast aller übrigen Fragen die Demenz überhand genommen hatte, schien die Erinnerung an ebendiese Regelung so unvergessen zu sein wie das Atmen und das obwohl vor den Befragungen niemand gewusst haben will, worum es überhaupt darin ging.

Nun stellt sich heraus, in der fraglichen Regelung steht nichts von “nackt”, sondern von “leicht bekleidet”. Wie also kommt es dazu, dass alle einheitlich das selbe aussagen, obwohl sie vor den Befragungen nicht einmal wussten, worum es ging?

In Schaffhausen wurden vom gemeinen Bürger, v.a. bei der Polizei und Staatsanwaltschaft, schon öfter Beobachtungen gemacht, die nur mit Telepathie erklärt werden können. Bereits als Herrn Landtwing eine Anzeige in Aussicht gestellt wurde, hat Frau Schaufelberger die Schwingungen aufgenommen, gespürt wie eine liebende Mutter, dass es einem Polizisten nicht gut ging und Johannes Brunner dazu veranlasst, ein Jahr nach der Durchsuchung doch noch einen Durchsuchungsbefehl auszustellen.

Es muss also wohl eines dieser paranormalen Ereignisse sein, die man am besten nicht hinterfragt, wenn man nicht wie ein Verschwörungstheoretiker klingen will. Steven Winter jedenfalls findet es vollkommen unauffällig, dass alle befragten Polizisten – vielleicht sogar der gesamte Polizeiposten – eine kollektive Leseschwäche entwickelt haben.

Was genau der tollkühne Plan der Polizisten war, als sie eine imaginäre Regelung behaupteten, bleibt wohl ihr Geheimnis. Vielleicht handelt es sich dabei um einen Geniestreich, den wir alle nicht zu durchschauen vermögen und dessen Genialität gerade in der scheinbaren Einfalt liegt und wir werden irgendwann staunend dastehen, die Hände vor dem Kopf zusammenschlagen und uns fragen, wie sich uns diese Offensichtlichkeit so lange verborgen halten konnte. Wir müssen davon ausgehen, denn alles andere würde bedeuten, dass man entweder von einer korrupten/unfähigen Staatsanwaltschaft ausgeht, die keine höheren Anforderungen an Ausreden von Polizisten stellt oder aber, dass die Begabung der Schaffhauser Polizisten, die jahrelang tagein, tagaus mit Straftätern und deren Ausreden konfrontiert sind und sich nur die besten daraus picken müssten, nicht weiter reicht als bis zu einer, die nicht überzeugender ist als “Es ist nicht das, wonach es aussieht.”

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