Wie Steven Winter die Polizisten (bauern)opfert?

Wir haben bemerkt, dass in letzter Zeit sehr viele Interesse an den Artikeln über Steven Winter und sein mutmassliches Schützen und Opfern von Polizisten herrscht. Das möchten wir zum Anlass nehmen, um ein wenig genauer auf das mittlerweile eingestellte Verfahren und seine Hintergründe einzugehen, natürlich handelt es sich bei alldem um persönliche Interpretation und Spekulation über das Geschehene, wie immer aber selbstverständlich begründet.

Zunächst einmal: Ja, das Verfahren wurde – welche Überraschung eingestellt. Aber nicht rechtskräftig, denn es wurde selbstverständlich ans Obergericht weitergezogen, das den Entscheid erwartungsgemäss bestätigen wird, worauf es ans Bundesgericht weitergezogen werden wird und in letzter Instanz – falls nötig – an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das ist Steven Winter selbstverständlich klar, denn bislang wurden alle seine Entscheide und Verfügungen bis ans Bundesgericht weitergezogen und dass es an den EGMR gezogen werden wird, wurde ihm bereits mehrmals mitgeteilt (wobei dort dann nicht mehr die Staatsanwaltschaft Schaffhausen den Staat vertritt, sondern die Bundesanwaltschaft, ist dann also nicht mehr Steven Winters Problem).

Viel wichtiger allerdings ist, wie Steven Winter sich entschieden hat, das Verfahren einzustellen und warum er Polizisten damit zwar erstinstanzlich schützt, langfristig aber potenziell opfert: Während nämlich alle Polizisten ausgesagt haben, dass es Standard und Anordnung sei, in die Gummizelle nackt zu kommen, ist Steven Winter davon abgekehrt, er behauptet nun, es sei ein Einzelfall gewesen, bedingt dadurch, dass Hanspeter keine Unterhose anhatte (weil man ihm vorher nicht erlaubt hatte, sich umzuziehen und ihn im Pyjama verhaftet hatte). Die Anweisung lautet ja nämlich eigentlich, dass man leicht bekleidet in diese Zelle käme. Steven Winter hat die Polizisten mit der Einstellungsverfügung natürlich geschützt, sollte diese aber von einer nächsten Instanz, von der noch bis zu 3 vor uns liegen (wobei der Europäische Gerichtshof keine eigentliche Instanz ist, aber damit kann eine Revision vor dem Bundesgericht erreicht werden) aufgehoben werden, dann hat Steven Winter nun die materielle Wahrheit erschaffen, dass nicht etwa der Kanton Schaffhausen versagt hat, indem er menschenrechtswidrige Anordnungen traf, nicht die Vorgesetzten der Polizei, Philipp Meier z.B., die diese Praxis geduldet und vielleicht sogar angeordnet haben, nicht der Gefängnisleiter Lorenz Ammann, der diese auch potenziell anordnete, sondern die drei Polizisten M., M. und M. und potenziell noch einige Gefängnismitarbeiter die volle Verantwortung trugen, dass Hanspeter komplett nackt ausgezogen wurde und komplett nackt festgehalten wurde. Dass das gegen die Menschenrechte verstösst, wurde zumindest schon öfter von Gerichten bestätigt. Ob Hanspeter eine Unterhose trug oder nicht, ist dabei – entgegen Steven Winters Auffassung – natürlich irrelevant, denn Polizisten müssen ihr Vorgehen stets auf Verhältnismässigkeit überprüfen. Steht also irgendwo “leicht bekleidet”, dann ist ein nacktes Festhalten nicht akzeptabel, unabängig davon, ob die Person Unterwäsche trug oder nicht.

Also rekapitulieren wir: Steven Winter, der wusste, dass der Fall weitergezogen wird, hat den Fall halbherzig eingestellt (da sehr schlechte Argumente), dabei aber ein für alle mal klargestellt, dass nicht der Kanton sich falsch verhalten hat und es keine Praxis ist, Menschen nackt in der Gummizelle festzuhalten, sondern, dass M., M. und M. versagt haben, sonst niemand (ausser noch einige Gefängnismitarbeiter). Er hat damit den Sachverhalt festgelegt, den das Obergericht natürlich bestätigen wird und an den auch das Bundesgericht grundsätzlich gebunden ist. Sollte sein Entscheid also nicht vor den nächsten 3 Instanzen standhalten, dann werden 3 Polizisten zur Verantwortung gezogen, wo eigentlich – wenn man ihren Aussagen Glauben schenken darf -die Leitung die Ursache des Problems ist. Wäre es eine Praxis, alle Gefangenen nackt in die Gummizelle zu stecken, wäre es natürlich nicht möglich, jeden einzelnen Polizisten zu bestrafen, haben nur die 3 falsch gehandelt, sieht das schon wieder anders aus.
Vielleicht hätte Steven Winter sich noch etwas länger Zeit lassen sollen mit der Einstellungsverfügung, um sich bessere Argumente zu überlegen, jedoch hat Hanspeter ihn einen Tag vorher darauf angesprochen, dass in seiner Akteneinsicht fremde Akten waren, direkt danach kam die Einstellungsverfügung, er hatte sie vermutlich nicht einmal überprüft vor dem Absenden, denn es waren für seine Verhältnisse auch aussergewöhnlich viele Rechtschreibfehler darin enthalten. Fast so, als wäre es eine (Kurzschluss-) Reaktion darauf gewesen, dass man ihn auf einen Fehler hingewiesen hatte.

Weiter überraschend ist das alles für uns nicht, denn Staatsanwälte in Schaffhausen waren sich schon öfter selbst die Nächsten und sie scheinen die Polizisten, wenn sie sie auch kollegial behandeln und per Du sind (nicht wahr, Andi?), keineswegs als gleichberechtigt oder gar gleichwertig anzusehen, sondern eher als Mittel zum Zweck, das Bauernvolk sozusagen, während sie selbst sich in Zünften und exklusiven Clubs vereinigen…Selbst bei langer Suche haben wir keinen Polizisten in irgendeiner Zunft, dem Lionsclub etc. ausmachen können…warum nicht?
Aber das ist halt das Ding mit dem Bauernopfer…Etwas vermeintlich Minderwertiges wird geopfert, um etwas vermeintlich Höherwertiges zu schützen, Steven Winter scheint bei seiner Sachverhaltsfeststellung, die nun vor dem Obergericht zum Fakt werden wird, eben lieber nach unten zu treten als nach oben.. M., M. und M haben auch keine Gelegenheit mehr, das richtigzustellen, denn er hat sie (absichtlich) nie als Beschuldigte genannt, obwohl sie auf dem Video zu sehen sind, sie haben somit keine Parteistellung inne und können sich vor dem Obergericht und auch später nicht äussern, es wird also – dank Steven Winters Entscheidung, sie als Auskunftspersonen zu behandeln – über ihr Schicksal entschieden werden, ohne dass sie irgendein Recht auf rechtliches Gehör hätten. Ob das eine zufällige Entscheidung war oder geplant, wir wissen es nicht…
Und ob er die Polizisten schützt oder opfert? Kurzfristig eindeutig Ersteres, langfristig wird die Zeit zeigen, ob seine Argumente ausreichen.
Was wir aber wissen, ist jedenfalls: Kurz-und langfristig sicher sind nun der Kanton, der Polizeipräsident, der Regierungsrat und der Gefängnisleiter und natürlich auch die Staatsanwaltschaft, die davon wissen musste. Dank Steven Winters Sachverhaltsfeststellung, die erwartungsgemäss vom Obergericht ungeprüft übernommen werden wird, haben all jene nichts mehr zu befürchten; und das Bundesgericht ist im Allgemeinen an die Sachverhaltsfeststellung des Obergerichts gebunden.

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