„[…]Ob eine Unterschrift zu leisten ist, hängt demnach nur bedingt vom Gesetz ab, sondern in erster Linie von der Partei, die das Schriftstück abgibt. Handelt es sich dabei um eine bei öffentlichen Ämtern nie in Erscheinung getretene Person, dann ist bei fehlender Unterschrift darauf hinzuweisen. Handelt es sich um eine Person, die tendenziell arbeitsintesiv ist, so sind unbedingt alle Unterschriften beizuziehen, die diese Person geleistet hat und auf ihr gemeinsames Schriftbild zu überprüfen (vgl. Obergericht in 51/2022/55): Weicht es ab, muss zwar eine Gelegenheit zur Stellungnahme geboten werden, verzichtet die betreffende Person jedoch darauf, ist auf ihre Schreiben (inwieweit man diese beantworten muss, hängt ohnehin noch von anderen Faktoren ab), insbesondere aber auf ihre Beschwerdeschriften aber nicht einzutreten. Dass sie die Beschwerde persönlich abgegeben oder in den videoüberwachten Briefkasten eingeworfen hat und exakt diese Unterschrift vor einem Mitarbeiter des betreffenden Amtes geleistet hat, ist dabei unerheblich: Mit einem unterschiedlichen Schriftbild vermag sie nicht zu beweisen, dass sie innert Frist den Willen hatte, die Beschwerde einzureichen, so könnte die Beschwerde auch durch die unbekannte Drittperson, die sie tatsächlich unterschrieben hat, vertauscht worden sein mit einer Grusskarte o.ä., die der Beschwerdeführer eigentlich ans Gericht überbringen wollte. Den Willen, die Beschwerde einzureichen, zu beweisen, ist unabdinglich.
[Exkurs: Bzgl. Ausdruck des Willens existiert in der Schaffhauser Praxis jedoch eine lex specialis für ein Szenario: Wenn die betreffende Person eine Beschwerde bei einer zuständigen Behörde als Aufsichtsbeschwerde einreicht, diese sie trotz Titel als Beschwerde ans Obergericht weiterweist, das Obergericht offen lässt, um was es sich dabei handelt, die Beschwerde aber ab Tag x als Beschwerde ans Obergericht behandeln will, dann kann bei einem Rückzug vor Tag x ohne Weiteres angenommen werden, dass der Wille bestand, eine Beschwerde beim Obergericht einzureichen und eine solche (endgültig) zurückzuziehen. (vgl. Bollinger, Hermann, Dubach in 51/2022/58)
Eine besondere Erklärung des Beschwerdeführers, dass er eine Beschwerde beim Obergericht einreichen wollte und eine Beschwerde beim Obergericht zurückziehen wollte, ist nicht erforderlich, selbst anderslautende Erklärungen vermögen nichts zu bewirken, vielmehr kann ihm der Wille in diesem Fall unterstellt werden. Ausschlaggebend ist nämlich hier der Unwille, vor dem Obergericht eine Beschwerde zu führen, unabhängig davon, ob diese auch dort eingereicht wurde, einen Willen muss man zwar beweisen, einen Unwillen jedoch naturgemäss nicht. (vgl. Martin Bürgisser in Stellungnahme zu 1B_315/2023/CAU, lit. B)]
Gänzlich anders verhält es sich mit der Unterschrift, wenn die Partei eine Behörde ist. Die Staatsanwaltschaft muss ihre Entscheide grundsätzlich nicht unterzeichnen. Beanstandungen dessen mit Gesetzesartikeln oder Urteilen, laut denen die Staatsanwaltschaft dazu verpflichtet wäre, können im Normalfall hinlänglich mit einem Verweis auf die Schaffhauser Praxis beantwortet werden. (vgl. Michael Grädel & Martin Bürgisser in “E-Mails”, 09.12 2022 & 13.04.2023)
Ähnliches gilt auch für den Regierungsrat, allerdings kann dieser sich auch auf ein entsprechendes herkömmliches Gesetz stützen: Soweit in Art. 16 OrgG verlangt wird, der Regierungsrat/Staatsschreiber unterzeichne Schreiben, ist dies offensichtlich so zu interpretieren, dass er ein Bild seiner Unterschrift an ebendie Stelle setzt, wo man für gewöhnlich unterzeichnet. Vereinzelte Stimmen hinterfragen diese Interpretation, allerdings wurde dies schon immer so gehandhabt, im Staatsarchiv befinden sich gar keine eigenhändig unterzeichneten Beschlüsse, es besteht also kein Anlass dazu, diese Vorgehensweise zu ändern. (vgl. Stefan Bilger in Stellungnahme zu 60/2023/46 und 60/2023/52)
Wie man sieht, ist die Komplexität der Unterschriftenregelungen in Schaffhausen beträchtlich und es sind zahlreiche Dinge zu beachten, den Mitarbeitern der Schaffhauser Behörden wird dies etwas erleichtert, indem die Beschwerdeinstanz Kostenvorschüsse verlangt und Beanstandungen diesbezüglich in Beschwerden “überliest”, mit dem vorliegenden Praxisleitfaden sollte allerdings eine übersichtliche und differenzierte, die Schaffhauser Praxis verschriftlichende Orientierung angeboten werden.“