Von Käppis und Infernos

Disclaimer: Im Gegensatz zu Polizei und Staatsanwaltschaft verfügen wir nicht über telepathische Fähigkeiten und die als Gedanken bezeichneten Aussagen entspringen unserer Fantasie.

Wir haben schon einmal über einen Thomas berichtet, dieser führte die Einvernahme durch, bei der das Ärgernis des lesenden Beschuldigten seinen Lauf nahm. Thomase gibt es allerdings bei der Schaffhauser Polizei nicht zu knapp, daher widmen wir uns heute – längst überfällig – dem zweiten, eigentlich dem ersten, denn er war bereits bei der Hausdurchsuchung zugegen.

Als die vier Musketiere seinerzeit aufschlugen, fiel Thomas von Anfang an als etwas Besonderes ins Auge. Nicht nur wegen seines scheinbar angewachsenen schwarzen Käppis, das stets seinen Kopf wärmt, er wohnte auch – wie Hans-Peter später erfuhr – zwei Häuser weiter und machte sich dadurch bemerkbar, alles andere als ein Morgenmensch zu sein. Vielleicht ist er tatsächlich erst kurz zuvor aus dem Bett schräg gegenüber gepurzelt und war deswegen etwas mieslaunig, vielleicht hielt sich seine Begeisterung in Grenzen, da es gerade der 29. Dezember war und er eigentlich lieber zu Hause bei Schwiegermama die letzten übriggebliebenen Guetzli geschlemmt hätte. Oder aber – diese Möglichkeit wollen wir nicht ausser Acht lassen – er war schlicht gestraft davon, dass er an diesem Tag der einzige sein sollte, der so etwas wie Arbeit verrichten würde. Während Pascal in erster Linie im Wohnzimmer stand, böse zu gucken versuchte, Fragen wie “Wie lange dauert es, bis ich mein Telefon wiederkriege?” mit “Ich bin nicht Ihr Anwalt” beantwortete, seine Rechtsunkenntnis mit erfundenen Gesetzen zur Schau stellte und sich über das gelegentliche und versehentliche Duzen, das seiner Hoheit entgegengebracht wurde, empörte, die anwesende Dame sich um Gretels Wasserversorgung und Blutdruck sorgte und der dritte männliche Polizist sich in der Existenz als Hans-Peters Schatten übte, während er gleichzeitig die Viren fürchtete, die der Unmaskierte ihm entgegenschleudern und ihn damit zugrunderichten könnte, hatte Thomas die undankbare Aufgabe, den Abstellraum zu durchsuchen. Er ahnte allerdings nicht, was auf ihn zukommen würde, denn Gretel hatte – das schwante ihm zu diesem Zeitpunkt noch nicht – die letzte Kartonabfuhr verpasst…

Natürlich haben auch die anderen Polizisten Räume und Gegenstände durchsucht, manche sogar besonders gründlich. Pascal beispielsweise durchsuchte den gleichen leeren Karton im Wohnzimmer (wir haben mitgezählt) 4 Mal. Gerhard seinerseits will die Küche durchsucht haben, leider hat er dabei einen unbeschrifteten 1.5 Kilo Frischhaltebeutel mit weissem Pulver, der direkt auf der Arbeitsplatte lag, übersehen (war nur Zucker, der eigentliche Sack war gerissen, WIRKLICH!).

Als Thomas den Abstellraum betrat, durchfuhr ihn eine Woge der Angst und er glaubte kurz, Funken sprühen zu sehen. Sein Heldentum veranlasste ihn dennoch, seiner Furcht ins Auge zu blicken, hinzusitzen und sämtliche Kartone und Blätter zu durchwühlen. Drogen fand er zwar keine, dafür aber eine Rechnung einer niederländischen Apotheke, die er sogleich zu sich nahm, in einem transparenten beschrifteten Beutel vorsichtig hinaustransportierte, damit sie Monate später (unbezahlt!) wieder zurückgebracht werden konnte, mit sämtlichen anderen mitgenommenen Utensilien (und Herr Brunner meinte noch, so etwas wie einen Rücktransport biete die Schaffhauser Polizei nicht an…tztz)

Während Thomas weitersuchte, in der Hoffnung, einen weiteren ähnlichen Schatz zu finden, wurde es heisser…er spürte die sich bildenden Schweisstropfen auf seiner Haut; Sein Nacken verspannte sich, während er gegen das Gefühl ankämpfte jeden Augenblick von Flammen verschlungen zu werden. Er nahm sogar kurz sein Käppi ab, um sich die Nässe von der Stirn zu wischen…”Das bildest du dir nur ein, Thomas. Komm schon, beruhige dich”, sagte er sich in Gedanken, sei Gehirn hingegen war anderer Ansicht und ohne dass er es steuern konnte, rief sein Mund “Frau Gretel, kommen Sie bitte her!”. Gretel, die sich fragte, welche Entdeckung er wohl gemacht haben mochte, war erstaunt, als der blasse, schwitzende Thomas sie mit einer Mischung aus Verzweiflung, Frust und Wut niederzustarren versuchte. Er rang um Worte, die durch die fantastischen Flammen verursachte Hitze schnürte ihm nämlich die Kehle zu. “Wissen Sie, woraus dieses Haus besteht???”, drang es schliesslich zwischen den ausgetrockneten Lippen hervor. Gretel, die mit einer solchen Frage nicht gerechnet hatte, antwortete etwas verdutzt “Holz grösstenteils?”, die für ihren Blutdruck zuständige Polizistin nicht weniger verdutzt hinter ihr stehend. “Genau”, würgte Thomas hervor. Gleichzeitig durchzog eine Welle von Unverständnis sein Gesicht, warum Gretel nicht im gleichen Moment dieser Erkenntnis schreiend davonzulaufen versuchte, also setzte er erneut an: “Hier ist alles voller Karton!!!”…Nun musste der Groschen doch gefallen sein! Gretel jedoch erwiderte das, als wäre sie etwas schwer von Begriff “Ja, das ist mein Abstellraum.” Thomas konnte es nicht glauben, das Feuer im Rücken spürend wurde er lauter: “Wenn der Karton brennt, dann brennt das ganze Haus!”. “Das Haus ist aus Holz. Wenn irgendwas brennt, brennt das ganze Haus. Warum soll der Karton brennen?”, erwiderte es und Thomas gelang es nur mit Mühe, seine aus Fassungslosigkeit entstammende Wut in Zaum zu halten. “Wenn der Karton jetzt anfängt zu brennen, was machen Sie dann???” fragte er weiter, sich versprechend, dass sie sich der Gefahr ihrer Unbedarftheit noch bewusst würde. “Den Feuerlöscher holen.”, “Haben Sie denn einen?”, neben dem Zorn schwang jetzt auch ein wenig Hoffnung in seiner Stimme mit, dass seine Überlebenschancen im jeden Moment auskeimenden Flammeninferno sich wenigstens etwas verbessert haben. Gretels “Ja” wollte er aber doch nicht einfach so stehen lassen und rief noch schnell “Ich rufe die Feuerpolizei”, denn die Gefahr war schliesslich noch nicht ganz gebannt. Gretel, die nicht umhin konnte, die Ironie darin zu sehen, dass ein 4-köpfiges Polizeiteam einmarschierte, um Drogen zu finden und am Ende die Kartons im Abstellraum der Stein des Anstosses sein sollten, brachte nur ein ungläubiges “Meinen Sie das ernst?” hervor, der selbe Satz, der sich auch in den Augen der dahinterstehenden Polizistin widerspiegelte. Thomas verstand die Frage nicht, natürlich meinte er das ernst, todernst, ja, es ging hier sogar um Leben und Tod. Jeden Moment könnten die Kartons Feuer fangen, ganz im Gegensatz zum Rest der – zum Teil elektronischen – Einrichtung und wenn das passierte, dann würde vermutlich die gesamte Nachbarschaft inkl. seines eigenen Hauses dahingerafft, Kartonfeuer – das wusste er – griffen sehr viel schneller auf alles andere über als jedes andere.

Gretels Verständnislosigkeit erzürnte ihn nachhaltig, Gott sei Dank hatte er direkt im Anschluss Gelegenheit, wenigstens Hans-Peter etwas Verstand einzubleuen: Als dieser angeblich fest in Pascals Jacke gebissen hatte, nachdem Pascal schon eine Stufe hinuntergestürzt war (leider hatte das niemand so richtig gesehen, weswegen Thomas seine Pflicht tun und eine Zeugin erfinden musste (eine weitere später hinzugekommene Polizistin), setzte er – wie er es selbst nennt – einen Schmerzreiz. Diese sagte leider so ziemlich das Gegenteil davon aus, was ihr von Thomas in den Mund gelegt wurde und auch die andere Polizistin hat nichts gesehen, (war die ganze Zeit weggedreht, obwohl all das im gleichen Raum passiert ist und so laut war, dass Thomas von der anderen Seite angerannt kam)…Auf Frauen ist einfach kein Verlass…Thomas unterstützt seinen Freund Pascal immerhin in seinem Unterfangen, 200 CHF einzunehmen (als Ausgleich für die angebliche Spucke an der Jacke – die DNA-Probe der Spucke an der Jacke ist leider unauffindbar, obwohl extra zum Abgleich damit eine DNA-Probe von Hans-Peter entnommen wurde…ohne staatsanwaltschaftliche Genehmigung – und das Springen über eine Stufe, das war sehr traumatisch; zum Vergleich: Für einen Tag ungerechtfertigte Haft wird man in etwa mit 100 bis 300 CHF entschädigt). Apropos: Wie vielen solchen bissigen und widerspenstigen Beschuldigten begegnet Pascal eigentlich im Jahr? Lässt sich damit schon ein Nebenverdienst erzielen?

Nun denn, Thomas jedenfalls war die Erleichterung ins Gesicht geschrieben, als er endlich die Todesfalle verlassen und ins heimelige Gefängnis zurückkehren konnte – mit Hans-Peter im Gepäck, wir kennen den Rest. Und das Wichtigste ist: Lebend…Obwohl es weiss Gott knapp war.

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