Verstecktes Honorar des Kantons?

Am 22. März 2022 (50/2021/19) entschied das Obergericht Schaffhausen, dass Anwälte, die bis dahin im Regelfall etwa 1-2 CHF pro Kopie verrechneten, nur noch 0.30 CHF pro Kopie verrechnen durften. Als Begründung führte es heran, dass 2 CHF nicht zu rechtfertigen seien und offensichtlich ein verstecktes Honorar darstellen würden.
Das Obergericht schreibt:

“Der vom Beschuldigten geltend gemachte Ansatz von Fr. 2.– pro
kopierter Seite lässt sich somit nicht rechtfertigen, sondern ist offensichtlich überhöht und stellt ein verstecktes Honorar dar.”, schreibt das Obergericht.


Weiter verweist es auf den technischen Fortschritt:

“Zu prüfen bleibt, ob an der bisherigen obergerichtlichen Praxis festzuhalten
ist. Die Geschwindigkeit der Kopiergeräte hat mit den technischen Entwicklungen
in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen und die Gestehungskosten, welche für eine Kopie anfallen, sind deutlich gesunken. Dies zeigt sich auch dadurch,
dass der Ansatz von Fr. 1.– ein Vielfaches des Tarifs beträgt, den – gewinnorientierte – Kopiercenter verlangen.”

Es kommt schliesslich zum Schluss:


“Vor diesem Hintergrund erweist es sich als notwendig, die obergerichtliche
Praxis zur Entschädigung von Kosten für Kopien zu überdenken und zeitgemäss
auszugestalten. Angemessen erscheint heutzutage die Anwendung eines Ansatzes von höchstens Fr. 0.30 pro kopierter Seite.”


Nobel, wie das Obergericht sich wie ein Superheld vor den einfachen Bürger und gegen die Raffgier von Rechtsanwälten stellte und der ausbeuterischen Praxis, 2 CHF zu verrechnen, obwohl es absurd ist, dass eine Kopie heutzutage 2 CHF pro Seite kosten soll, ein Ende bereitete.

Wo wir gerade beim Thema sind: Wie viel verlangt eigentlich der Kanton – den wir alle mittels Steuern finanzieren – pro kopierter Seite?

Verwaltungsgebührenverordnung

Oh, 2 CHF…na dann…Alle sind vor dem Gesetz gleich…manche sind aber eben gleicher. Hoffentlich gönnt die Führungsriege Schaffhausens sich wenigstens was Schönes vom “nicht zu rechtfertigenden und nicht mehr zeitgemässen versteckten Honorar”, das das 6.666-fache von dem ist, was jeder andere noch verlangen darf.
Ob die Oberrichter Champagner schlürften, während sie das Urteil erliessen, ist nicht bekannt.

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