Bewerben bei der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft Schaffhausens sucht immer wieder nach geeigneten Kandidaten, um ihre Vakanzen zu besetzen.

Eigentlich bestimmt das Volk, vertreten durch den Kantonsrat, wer als Staatsanwalt gewählt wird. In Schaffhausen jedoch funktioniert das ein bisschen anders:

Der Erste Staatsanwalt, Peter Sticher, stellt (zusammen mit dem Regierungsrat und natürlich komplett neutral) die Staatsanwälte vorher als “ausserordentliche Staatsanwälte” ein, denn dafür braucht es keine Genehmigung des Kantonsrats. Danach werden diese “ausserordentlichen Staatsanwälte” dem Kantonsrat als die best geeignetsten Kandidaten vorgestellt, denn sie haben ja schon mehrere Jahre Erfahrung hinter sich in genau dieser Staatsanwaltschaft.

Natürlich gehen die Bewerbungen nicht direkt zum Kantonsrat, sondern werden vorher von der Wahlvorbereitungskomission (bei welcher der Erste Staatsanwalt mitredet) gefiltert und meistens wird eben nur eine dem Kantonsrat vorgeschlagen.

Die meisten ehrlichen Kandidaten haben so keine Chance auf eine Stelle als Staatsanwalt. Ich würde mich sowieso nicht via Wahlvorbereitungskomission bewerben, sondern direkt beim Kantonsrat, denn nur dieser ist berechtig, Staatsanwälte zu wählen.

Natürlich hat das ganze auch einen Sinn: Während der Erste Staatsanwalt zusammen mit dem Regierungsrat, mit dem er sich die Mitgliedschaft in einem Männerclub namens Lions Club teilt, ausserordentliche Staatsanwälte nach Belieben einstellen und feuern kann, kann er das mit gewählten (=ordentlichen) Staatsanwälten nicht tun: Diese kann er nicht einfach entlassen, sondern der Kantonsrat müsste sie abwählen oder sie müssten von alleine zurücktreten.

Der Kantonsrat hat so die Macht des Volks einer kleinen Gruppe, namentlich der Wahlvorbereitungskomission, zukommen lassen: Was der Vorteil für das Volk sein soll, ist nicht ersichtlich, trotzdem ist es verständlich, dass der Kantonsrat so viel Aufwand wie möglich abwälzen möchte. Nun sollen zu allem Überfluss auch die Bewerbungsgespräche vor dem Volk versteckt werden, “um die Persönlichkeit der betreffenden Personen zu schützen”: Auch hier ist nicht ersichtlich, inwiefern das Interesse des Volks, das eigentlich via Kantonsrat berechtigt ist, die Staatsanwälte zu wählen, weniger wiegt als das Interesse eines Staatsanwalts, der sich für ein öffentliches Amt bewirbt, seine Hobbies nicht preiszugeben. Möglicherweise möchte man zukünftigen Skandalen so vorbeugen, als etwa öffentlich wurde, dass der Erste Staatsanwalt Peter Sticher sich auch mit seinem favorisierten Kandidaten vor einigen Jahren Johannes Brunner eine Mitgliedschaft im Männerclub Scaphusia teilte. Oder aber, als bekannt wurde, dass ein Staatsanwalt, der in einem anderen Kanton des Amtsmissbrauchs angeklagt war, als Leitender Staatsanwalt eingestellt wurde, ohne dass der Kantonsrat darüber eingängig informiert wurde. Auch hier war Peter Sticher treibende Kraft, da er die besagte Person laut eigenen Angaben “seit 10 Jahren kennt”. Leider scheint der Kantonsrat aus irgendwelchen Gründen entweder kein Interesse oder aber unbekannte Bedenken zu haben, wenn es darum geht, öffentliche Positionen, deren Besetzung letztlich dem Volk obliegt, massgeblich in die Hände einer Einzelperson, deren Favoriten regelmässig Bekannte und/oder Mitglieder aus Männerverbünden ebendieser Person, sind, zu legen. Sowohl das blosse Desinteresse als auch die etwaige nicht näher begründete Angst davor, Peter Sticher zurück zu seinen eigentlichen Aufgaben und weg von den Aufgaben des Volks/Kantonsrats zu führen, sind bedenklich und lässt die Frage aufkommen, inwieweit der Kantonsrat unabhängig und im Sinne der Öffentlichkeit agiert, die primär ein Interesse daran hat, dass die Stellen als Staatsanwalt mit gut ausgebildeten, kompetenten und allgemein fähigen Mitarbeitern besetzt wird. Die Realität der momentanen – durch Peter Sticher geprägten – Einstellungspolitik geht jedoch mit Hausdurchsuchungen wegen legaler Stoffe, Durchsuchungsbefehlen, die ein Jahr “vergessen werden” auszustellen, obwohl die Durchsuchung bereits stattfand, fragwürdigen Abschlussarbeiten, Verfahrensfehlern, undokumentierten Ermittlungen, heimlichen Ermittlungen gegen Privatkläger durch Freunde sowie dem regelmässigen Zugänglichmachen von fremden Verfahrensakten einher.

Weiterführende Links:

  • Sohn vom ersten Staatsanwalt wird als Wirtschaftsberater bei der Staatsanwaltschaft eingestellt
  • Masterarbeit von Johannes Brunner: Er und der Erste Staatsanwaltschaft sind in der gleichen Studentenverbindung, zudem hat der Erste Staatsanwaltschaft die Familie von Johannes Brunner in die Schneiderzunft aufgenommen.
  • Vom Kantonsrat gewählte Justiz, in der unter anderem der leitende Staatsanwalt Andreas Zuber behandelt wird: Seine Wahl war komisch: Er wurde eine halbe Stunde vorher vorgeschlagen, der Kantonsrat hatte keine Zeit, seine Bewerbung zu überprüfen. Er ist aus der Staatsanwaltschaft Thurgau zurückgetreten, nicht weil er wegen Amtsmissbrauch angezeigt wurde, sondern “aus anderen Gründen”. Vor der Öffentlichkeit behauptete der Erste Staatsanwalt, dass das Obergericht keine Verfahrensfehler feststellen konnte, verschwieg aber, dass das Bundesgericht in abgesetzt hatte, und lobte die guten Referenzen… Welche Referenzen eigentlich, die aus dem Thurgau?
  • Jobs bei der Staatsanwaltschaft findest du hier, aber manchmal werden die Stellen nur im Amtsblatt (siehe Amtsblattportal) ausgeschrieben, damit sich wohl nicht “zu viele” Kandidaten bewerben.

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