Gefängnis Schaffhausen: Arbeit oder frei machen?

Bild: SHAZ

“Wer einmal in der Sicherheitszelle war, der benimmt sich danach meistens besser.”, sagt Lorenz Ammann selbstzufrieden in einem Interview mit den Schaffhauser Nachrichten im Jahr 2017. (Aboartikel)

Sehr häufig liest man von Lorenz Ammann in der Zeitung, er scheint sich wohl zu fühlen im Rampenlicht. Meistens sind die Artikel verbunden mit Appellen, dass doch dringend ein neues Sicherheitszentrum benötigt würde, weil im aktuellen Gefängnis keine zumutbaren Zustände herrschten. Dem stimmt die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter zu, betont jedoch auch das Engagement der Gefängnisleitung und des Personals positiv. Wie engagiert diese sind, davon hat die Kommission selbstverständlich nur einen Bruchteil mitbekommen.

In einem dieser häufigen Interviews von Lorenz Ammann geht es also um die Sicherheitszelle.

In der Gummizelle – denn wir wissen alle, dass das aufgeregte Menschen mit Nikotinsucht beruhigt – wird das Rauchen untersagt. Fernseher gibt es auch keinen, 23 Stunden darf man also die Wand anstarren. Wie wir alle wissen, hat die Gummizelle in Schaffhausen aber noch ein ganz spezielles Feature: Sie erlaubt keine Kleidung! Laut Polizisten und Gefängnismitarbeitern sitzt man dort nackt, während man an die pinke (zuweilen mit Blut und Fäkalien verschmierte – wie er in einem anderen Interview betont und auch Hanspeter bestätigen kann) Wand starrt. Mit Fäkalien verschmiert vielleicht deswegen, weil man in dieser Zelle kein Klopapier erhält, weil…warum auch immer…vielleicht kann man sich in der Vorstellung der Gefängnisleitung mit Klopapier erhängen). Ganz stimmt das nicht, man kann selbstverständlich zu den Glücklichen gehören, die den Plan des Gefängnispersonals, nach 7 Blättern Klopapier via Gegensprechanlage zu fragen, in die Tat umsetzen, weil das engagierte Personal die Gegensprechanlage nicht ausgeschaltet hat, nachdem der Häftling zu anstrengend wurde. Die Wand anstarren geht natürlich auch nur, wenn einem das Licht nicht ausgeschaltet wird, wie es bei Hanspeter der Fall war: Sehr schade, von dem gräulichen Pink, das an verdorbenen Aufschnitt erinnert, hatte er fast gar nichts.

In den Befragungen zu Hanspeters Fall wurde sehr viel Wert darauf gelegt, hervorzuheben, dass die Zelle für selbstgefährdendes Verhalten vorgesehen wird…Das wird zwar lediglich vom Gefängnispersonal mit Nothelferkurs bestimmt, das nicht einmal einen Notfall zu erkennen scheint, wenn jemand ohnmächtig am Boden liegt, aber nun denn, es klingt zumindest nicht vollkommen abstrus, wenn man es so hört. Lorenz Ammann allerdings ist immer mal wieder in Plauderlaune und erzählt von seinen Erfolgen gerne freimütig. Laut ihm erhält man einen Verweis, sprich die Androhung der Gummizelle, wie er erklärt, bei Renitenz, wenn man z.B. Einrichtung zerstört…

oder aber auch bei verweigerter Arbeit.

Das Klima ist grösstenteils gut, wie er betont…

Natürlich ausschliesslich durch die aus Nordafrika, alles andere würde nicht erklären, warum er die explizit hervorhebt.

Zwangsarbeit ist laut Rechtsprechung des Bundesgerichts und des Europäischen Gerichtshofs durchaus erlaubt und zwar ohne Rentenalter. Einige Länder kennen diese zwar nicht, die Schweiz eben schon. Man darf also durch Zufügung von Nachteilen dazu gedrängt werden, Arbeit zu verrichten. Was allerdings wohl mit einer gewissen Skepsis betrachtet werden dürfte, ist, wenn Leute (gewaltsam) nackt ausgezogen und in eine Gummizelle (evtl. noch mit Nikotinentzugserscheinungen) gesperrt werden, wenn sie sich weigern zu arbeiten – für etwa 20 CHF Tageslohn, mit dem man sich im Gefängnis die Miete für den Fernseher, Zigaretten etc. kaufen kann. Da das Personal offensichtlich auch der Meinung ist, jederzeit den Strom, inkl. Licht und sehr wahrscheinlich auch Heizung und automatisierte Wasserabgabe, die dann gar nicht mehr funktioniert, ausschalten zu dürfen, werden die Haftbedingungen umso prekärer. Das ist so schon sehr fragwürdig, umso unglaublicher aber, wenn Leute damit zur Arbeit gezwungen werden sollen.

In Schaffhausen betreffen die Haftbedingungen (da das Gebäude nicht für Langzeithäftlinge geeignet ist) im Übrigen vorwiegend Leute in Untersuchungshaft oder solche, die eine Ersatzfreiheitsstrafe für unbezahlte Bussen verbüssen (im wahrsten Sinne des Wortes), sprich zumindest zu einem guten Teil Menschen, die noch gar keinen Prozess erhalten haben und evtl. unschuldig im Gefängnis sitzen oder solche, die gerade einmal so viel kriminelle Energie besitzen, um schwarzzufahren, zu schnell zu fahren, sich zu spät bei der Gemeinde anzumelden o.ä.

Staatsanwaltschaft, den Ersten Staatsanwalt Peter Sticher, Kantonsrat (zum grössten Teil) und Regierungsrat interessiert das übrigens nicht. Sie sind um die Situation der Häftlinge Schaffhausens nur dann sehr besorgt, wenn es um die Steuergelder der Schaffhauser Bevölkerung geht, mit denen sie (mit gesprengtem Kostendeckel und intransparenten Auftragsvergaben) seit ca. 12 Jahren ein neues Sicherheitszentrum planen. Kostenlose Verhinderung von Folter (im Übrigen erfüllt systematische unmenschliche Behandlung und Bestrafung rechtlich den Tatbestand der Folter) ohne Steuergelder dafür auszugeben und Aufträge dafür vergeben zu können scheint langweilig.

Übrigens können laut Art. 26 der Kantonsverfassung 1000 Stimmberechtigte die Gesamterneuerung des Kantonsrates und/oder des Regierungsrates verlangen.

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